Goldene Ähren, sanftes Rascheln im Wind und der Duft von Sommer – Getreide im Garten bringt ein Stück bäuerliche Tradition zurück. Lange Zeit galten Weizen, Roggen oder Hafer als reine Ackerkulturen, doch immer mehr Gartenfreunde entdecken sie neu: als pflegeleichte, dekorative und sogar essbare Bereicherung im Kleingarten. Alte Getreidesorten lassen sich erstaunlich einfach kultivieren, fördern die Biodiversität und schenken ein Stück Selbstversorgung wie zu Großmutters Zeiten.
Warum alte Getreidesorten wieder im Trend liegen
In einer Zeit, in der viele Lebensmittel industriell verarbeitet werden, wächst der Wunsch nach ursprünglichem Geschmack und Nachhaltigkeit. Alte Getreidesorten sind robust, anpassungsfähig und deutlich gesünder als viele moderne Züchtungen. Sie benötigen weniger Dünger, kommen besser mit Wetterextremen klar und liefern ein unverfälschtes Aroma, das in der Küche überzeugt.
Darüber hinaus bieten Getreidepflanzen im Garten ökologische Vorteile:
- Sie verbessern die Bodenstruktur durch tiefe Wurzeln.
- Sie ziehen Bestäuber und Nützlinge an.
- Sie können als natürliche Wind- oder Sichtschutzpflanzen dienen.
Geeignete Sorten für den Kleingarten
Dinkel (Spelzweizen)
Ein Klassiker mit langer Geschichte. Dinkel wächst auch auf nährstoffarmen Böden und ist resistent gegen Krankheiten. Er liefert ein nussiges Korn, das sich perfekt für Brot und Gebäck eignet.
Emmer und Einkorn
Diese uralten Getreidearten gehören zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Sie sind genügsam, winterhart und zeichnen sich durch ein intensives, leicht süßliches Aroma aus. Ihre goldenen Ähren sind zudem ein echter Blickfang.
Hafer
Hafer liebt Sonne und feuchte Böden. Er wächst schnell und lässt sich sogar in kleinen Beeten anbauen. Besonders beliebt: frische Haferflocken aus eigener Ernte – ein Genuss, der an Natürlichkeit kaum zu übertreffen ist.
Roggen
Roggen ist widerstandsfähig, winterhart und anspruchslos. Er eignet sich ideal zur Gründüngung, schützt den Boden vor Erosion und lockert ihn auf. Außerdem liefert er das Korn für kräftiges, aromatisches Brot.
Gerste
Gerste gedeiht auch auf leichten Böden und ist eine der ältesten Getreidearten Europas. Sie wird sowohl für Tierfutter als auch für die Küche genutzt – und wer mag, kann sogar eigene Gerstenkörner für Malz oder Suppe verarbeiten.
Anbau im Kleingarten
Der Anbau alter Getreidesorten ist unkompliziert, wenn man ein paar Grundregeln beachtet.
Standort:
Sonnig und offen, am besten in einem Bereich mit durchlässigem Boden. Staunässe vermeiden.
Aussaat:
- Sommergetreide (z. B. Hafer, Sommergerste): ab März bis April aussäen.
- Wintergetreide (z. B. Dinkel, Roggen, Winterweizen): ab September bis Oktober säen.
Die Samen werden flach eingearbeitet, etwa 2 cm tief, und leicht angedrückt.
Pflege:
- Regelmäßig unkrautfrei halten, besonders in der Jugendphase.
- Nur mäßig gießen – Getreide kommt mit Trockenheit besser zurecht als viele Gemüsepflanzen.
- Eine Gabe Kompost oder organischer Dünger zu Beginn des Wachstums reicht völlig aus.
Tipp: Ein kleiner Streifen Getreide im Beet oder entlang eines Zauns sorgt für Struktur und Bewegung im Gartenbild – und passt wunderbar zu blühenden Kräutern oder Stauden.
Ernte und Verarbeitung
Je nach Sorte kann ab Juli bis August geerntet werden. Wenn die Ähren goldgelb und die Körner hart sind, ist der richtige Zeitpunkt gekommen.
- Schneiden Sie die Halme mit einer Sichel oder Schere.
- Bündeln Sie sie locker und lassen Sie sie an einem trockenen, luftigen Ort nachtrocknen.
- Anschließend können die Körner durch Ausreiben (Dreschen) gewonnen werden.
Mit etwas Geduld lassen sich aus eigener Ernte Brote, Suppen oder Müslis zubereiten – oder Sie verwenden die Ähren dekorativ in Trockensträußen.
Alte Sorten wiederentdecken
Viele alte Getreidearten sind heute in Vergessenheit geraten, doch spezialisierte Saatgutbetriebe und Initiativen bewahren sie vor dem Aussterben. Besonders empfehlenswert sind:
- „Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e. V.“
- „ProSpecieRara“ in der Schweiz
- „Dreschflegel Saatgut“ in Deutschland
Dort finden Hobbygärtner samenfestes, regional angepasstes Saatgut für Dinkel, Emmer, Einkorn und mehr.
Getreide als Gestaltungselement
Neben ihrem Nutzwert bringen Getreidepflanzen auch ästhetische Aspekte in den Garten. Ihre langen Halme wiegen sich sanft im Wind, fangen das Sonnenlicht ein und schaffen eine natürliche, beruhigende Atmosphäre. Besonders in Kombination mit Wildblumen oder Kräutern entsteht ein harmonisches Gesamtbild.
Ein kleiner Getreidestreifen kann auch Kindern zeigen, wo ihr tägliches Brot wirklich herkommt – eine wertvolle Erfahrung für die ganze Familie.
Fazit
Getreideklassiker im Kleingarten sind mehr als nur eine nostalgische Idee. Sie verbinden altes Wissen mit moderner Nachhaltigkeit, sind pflegeleicht, schön anzusehen und geben ein Stück Selbstversorgung zurück. Wer Platz für ein paar Quadratmeter Getreide schafft, erlebt die Jahreszeiten auf eine neue, sinnliche Weise – vom Säen über das Wachsen bis zum Ernten.